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Arbeitsbereich Technik, Naturwissenschaften, Ökologie


Diplomarbeit von Anita Messinger
"Von Beruf Informatikerin - qualitative und quantitative Erhebung mit Absolventinnen der Technischen Universität Wien"


Inhalt:

Gegenstand dieser empirischen Arbeit sind die Berufsfelder der Informatikerinnen. Es wurde hierfür eine Fragebogenerhebung durchgeführt. In die Untersuchung konnten alle Absolventinnen der Informatik, die dieses Studium bis November 1991 an der Technischen Universität Wien abgeschlossen hatten, einbezogen werden. Zehn Prozent der Informatikerinnen wurden in qualitativen Interviews um ihre Motive für die Studienwahl, ihre Einstellung zum Computer und zur Informatik, nach den jeweiligen Aufgabenbereichen bei der Softwareentwicklung, Über Zusammenarbeit und berufliche Situation näher befragt.

Einleitung:

Informatik wurde in Wien an der Technischen Universität (damals noch) Technischen Hochschule) im WS 1970/71 eingerichtet. Anläßlich der Diskussion Über diese neue Studienrichtung und darüber, was gelehrt werden solle, wurde vom 17 bis 19. Februar 1971 ein dreitägiges Informatik Seminar abgehalten. Namhafte Männer aus Österreich, Schweiz, Deutschland (BRD), England, Frankreich, USA und Kanada waren eingeladen, um ihre Vorstellungen Über die Informatik vorzutragen und zu diskutieren. Nur zum Geleit sprach eine Frau: Bundesminister Dr. Hertha Firnberg. Es konnte Einigkeit darüber erzielt werden, daß Informatik ein eigenes Ingenieurstudium sein und die Ausbildung in Richtung Softwareentwicklung unter Berücksichtigung mathematischer Methoden gehen solle. Das Ziel des Studiums bestehe nicht darin, daß die Studenten in allen Details berufsreif gemacht werden, wobei der Absolvent nur bestimmte Methoden und ihre Anwendung erlernt, sondern darin, daß er vor allem gelernt hat, über diese Methoden kritisch nachzudenken und sie weiterzuentwickeln, bzw. an ihre Stelle neue Methoden treten zu lassen. Es ist deshalb ungleich wichtiger, daß der Hochschulabsolvent auf den Erwerb jener Verfahren geistig vorbereitet ist, die erst in zehn oder zwanzig Jahren praktisch angewendet werden, als daß er mit allen Einzelheiten momentan aktueller Einrichtungen vertraut ist, die in Kürze an Bedeutung verlieren. In diesem - zukunftsorientierten Sinn - sollte die neue Studienrichtung einen deutlichen Akzent setzen und Vorbild sein. (Diskussionsbeitrag: Ministerialrat Dr. W. Frank ) Nikolaus Wirth meinte, daß vor allem auf die Verwendung einer systematischen und didaktisch geeigneten Programmiersprache mit einer auf Unterrichtszwecke ausgerichteten Implementation Wert gelegt werden solle. Die verwendete Sprache sollte als (unauffälliges) Werkzeug auftreten und nicht zum Hauptanliegen des Kurses erhoben werden. Die Studenten sollen ferner nicht nur Programme schreiben, sondern auch lesen lernen. (a.a.O., S. 115 f) Von zentraler Bedeutung ist die Frage, wie für einen bestimmten Zweck und mit gegebenen Mitteln ein optimales Werkzeug zu konzipieren und zu realisieren ist. Informatik sei ein typisches Ingenieurfach, wo auch Fragen des "human engineering" in den Vordergrund treten, wo oft psychologische Aspekte wichtiger sind als mathematische Überlegungen. Außerdem stehen die Probleme der Leitung (Management) eines großen Softwareprojektes zur Diskussion, denn oft sind in der Praxis solche Projekte gescheitert, weil die Leiter zu wenig mit den spezifischen Organisationsproblemen vertraut waren. Im WS 1970/71 wurde die Informatik von 47 Personen inskribiert. Die Zahl der Erstinskribierenden blieb in der Mitte der 70 er Jahre relativ konstant bei 70 und lag 1977/78 noch bei 74 Personen. 1978/79 waren bereits bei 114 Neuinskribierende. Die Zahl der Erstinskribierenden stieg mit dem WS 1979/80 auf 271 erstsemestrige Informatikstudentinnen und -studenten an. Dies war erst der Anfang der sich in den 80er Jahren fortsetzenden verstärkten Hörerinnen- und Hörerzahl der Informatik. Von Beginn des Informatikstudiums an der TU-Wien bis November 1990 hatten insgesamt 1196 Informatikerinnen und Informatiker ihr Studium abgeschlossen, darunter befanden sich 154 (12,9 %) Frauen und 1042 (87,1 %) Männer. Die zahlreichen Stellenangebote belegen gute Berufsaussichten für Informatikerinnen. Frauen sind, wie ja bekannt ist, in technisch- naturwissenschaftlichen Disziplinen unterrepräsentiert. Informatik gehört zu jenen Studienrichtungen der Technischen Universität, die einen relativ hohen Frauenanteil haben, dennoch bilden Informatikerinnen innerhalb ihres Fachbereiches immer noch eine Minderheit. In dieser Studie betrachte ich die berufliche Situation und Arbeitsbedingungen der Informatikabsolventinnen der TU-Wien. Weiters interessierten mich hierfür Motive für die Studienwahl, die Einstellung der Informatikerinnen zum Computer, zu ihrem Fach- und Arbeitsbereich. Der Teil I beinhaltet die Ergebnisse der Auswertung der qualitativen Studie und gliedert sich in mehrere Kapitel, die sich über drei Abschnitte erstrecken. Die einzelnen Abschnitte werden mit einleitenden Worten über feministische Theorien, Ergebnisse anderer Studien, u. a. begonnen. Als Informatikerin interessiert mich nach dem Studium (Erster Abschnitt) die Beteiligung meiner Kolleginnen am Softwareentwicklungsprozeß ganz besonders (Zweiter Abschnitt). Außerdem hatte ich Interesse daran, ob die berufliche Ausbildung und Tätigkeit der Frauen auch Auswirkungen auf ihr Privatleben haben (Dritter Abschnitt). In Teil II befindet sich die Auswertung des quantitativen Teils meiner Arbeit.

Methodik der Studie In der vorliegenden Studie wird der Frage nachgegangen, wie es den Informatikerinnen, die an der Technischen Universität Wien studierten, im Berufsleben ergeht. Um ein möglichst realistisches Bild der Arbeitssituation zu erhalten, ist bei der Durchführung der Untersuchung ein zweistufiges Vorgehen gewählt worden: 1. Fragebögen, die für eine statistische Auswertung an alle Informatik-Absolventinnen der TU-Wien ergingen, 2. qualitative Interviews, bei denen zehn Prozent der Informatikerinnen näher zur beruflichen Situation befragt wurden.

1. Fragebogen

Beim Fragebogen wurde zunächst einmal erkundet, ob die jeweilige Frau zu einem eineinhalbstündigen qualitativen Interview bereit ist. Weiters wurden allgemeine Daten, wie Alter, Herkunft, Wohn- und Familiensituation, sowie die Schulbildung erhoben. Da in deutschen Studien (z.B. Metz- Gäckel) oft betont wird, daß Technikerinnen häufig Mädchenschulen besucht haben, ist diese Fragestellung auch für diese Untersuchung interessant. Um eine Verbindung zum Studienplan und zur Studiensituation herstellen bzw. eine Abhängigkeit zwischen Wahlfächerspezialisierung und Tätigkeitsbereich feststellen zu können, ist es wichtig zu wissen, in welchem Zeitraum die befragten Frauen studierten. Einen groben Überblick der verschiedenen Berufslaufbahnen der Informatikerinnen bietet der letzte Teil des Fragebogens, wo auch Berufsjahre, Betriebsgrößen und Arbeitsstunden pro Woche erfaßt wurden. Berufsbezeichnung, Arbeitsverhältnis und Branche, sowie Fachbereich und Arbeitsgebiete wurden gefragt, um bei den Interviews möglichst verschiedene Bereiche einbeziehen zu können.

2. Interviews

Zunächst einmal fragte ich um die Gründe für die Studienwahl der Informatik, den Einfluß der Eltern und die Beeinflussung der Geschwister untereinander. Im folgenden ging ich näher auf die Berufslaufbahn, die Organisation des Betriebes, die Weiterbildung, die Arbeitszeiten und -gestaltung ein. Wesentliche Punkte der Untersuchung sind die Projektorganisation, die Zusammenarbeit in der Gruppe, die Einbeziehung der Anwenderinnen und Anwender bei der Spezifikation der Software und die Einschulung der Benutzerinnen und Benutzer. Die Frage nach dem Ablauf der Softwareentwicklung soll Unterschiede zwischen wahrend des Studiums erworbenen Kenntnissen und praktischer Anwendung im Arbeitsleben erkennen lassen. Weiters wurden die Interviewpartnerinnen nach ihrer Einstellung zur Informatik, Einkommen und Alltag gefragt.

Tagungsbericht, S. 126 f, Rektorat der TU-Wien (Hg.), 1971 Mitteilungsblätter der Universitätsdirektion der TU-Wien Fragebögen: siehe Anhang C. Interviewleitfaden befindet sich im Anhang E


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